Mischung herkömmlicher Kraftstoffe mit Biokraftstoffen

Für reine Mischungen herkömmlicher Kraftstoffe mit Biokraftstoffen besteht keine Energiesteuerbegünstigung in Form eines Entlastungsanspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG.

Mischung herkömmlicher Kraftstoffe mit Biokraftstoffen

Nach dieser Vorschrift in der ab dem 1.01.2007 geltenden Fassung wird dem Steuerschuldner auf Antrag eine Steuerentlastung u.a. gewährt für nachweislich versteuerte Biokraftstoffe, unvermischt mit anderen Energieerzeugnissen, ausgenommen Biokraftstoffen oder Additiven der Position 3811 der Kombinierten Nomenklatur. Nach der Änderung des Energiesteuerrechts ab 1.01.2007 ist der Steuervorteil auf reine Biokraftstoffe beschränkt, so dass Gemische grundsätzlich nicht begünstigt werden können. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Finanzgericht bestand der von der Bezieherin im Mai und Juni 2007 bezogene Kraftstoff aus einem Gemisch, das sich aus 69 v.H. Dieselkraftstoff und 31 v.H. Fettsäuremethylester zusammensetzte. Da es sich somit nicht um einen reinen Biokraftstoff handelte, sind die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG, unter denen eine Steuerentlastung gewährt werden kann, nicht erfüllt.

Der Bezieherin steht der geltend gemachte Entlastungsanspruch auch nicht deshalb zu, weil § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG gegen den insoweit eindeutigen Wortlaut erweiternd ausgelegt werden müsste, um eine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung von Gemischen und den in § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG genannten Erzeugnissen zu vermeiden.

Welche Erzeugnisse als Biokraft- und Bioheizstoffe nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG entlastungsfähig sind, wird durch die in § 50 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG festgelegte Definition bestimmt, die auf die Biomassenverordnung vom 09.08.2005[1] Bezug nimmt. Darüber hinaus gelten nach § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG auch Energieerzeugnisse, die anteilig aus Biomasse hergestellt werden, zumindest in Höhe dieses Anteils als Biokraft- oder Bioheizstoffe. Auf Gemische findet diese Regelung jedoch keine Anwendung, denn § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG erfasst nicht die Herstellung eines Energieerzeugnisses durch reines Mischen verschiedener Kraftstoffe, sondern nur die originäre Herstellung von Energieerzeugnissen unter anteiliger Verwendung von Biomasse[2]. Durch eine Fiktion und die dadurch bewirkte Erweiterung der in § 50 Abs. 4 Satz 1 EnergieStG festgelegten Definition von Biokraft- und Bioheizstoffen wird die steuerliche Förderung auch auf andere unvermischte Energieerzeugnisse als reine Biokraft- und Bioheizstoffe ausgedehnt. Eine andere Auslegung, die im Ergebnis zu einer steuerlichen Begünstigung reiner Mischungen führte, ließe das Erfordernis „unvermischt“ in § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG unverständlich erscheinen. Aus diesem Grund kann das Mischen verschiedener Erzeugnisse auch nicht als Unterfall der Herstellung i.S. des § 50 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG angesehen werden.

Entgegen der Auffassung der Bezieherin handelt es sich bei den in § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnergieStG genannten und den von § 50 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 EnergieStG erfassten Erzeugnissen nicht um identische Produkte, die allein aufgrund ihrer Beschaffenheit energiesteuerrechtlich gleich behandelt werden müssten. Als zulässiges Differenzierungskriterium hat der Gesetzgeber nicht den nachweisbaren Anteil an Biokraft- oder Bioheizstoffen, sondern das jeweilige Produktionsverfahren gewählt. Als förderungswürdig werden nur reine Biokraft- oder Bioheizstoffe und solche Erzeugnisse erachtet, bei denen der zu begünstigende Anteil nicht auf einer bloßen Beimischung beruht, sondern das Ergebnis eines Herstellungsprozesses unter Verwendung von Biomasse ist. Somit entfällt eine steuerliche Begünstigung, wenn der auf die Verwendung von Biomasse zurückzuführende Anteil an Biokraft- oder Bioheizstoffen durch eine Beimischung entstanden ist[3].

Die Entscheidung des Gesetzgebers, bloße Mischungen herkömmlicher Kraft- und Heizstoffe mit Biokraft- und Bioheizstoffen von der energiesteuerrechtlichen Förderung auszunehmen, ist nicht willkürlich und damit nicht gleichheitswidrig. Im Steuerrecht kommt es für die am Maßstab des Gleichheitssatzes vorzunehmende Prüfung insbesondere darauf an, ob durch die gesetzliche Differenzierung eine Gruppe von Steuerpflichtigen ohne hinreichenden sachlichen Grund stärker belastet wird als andere und dadurch in eine empfindlich ungünstigere Wettbewerbslage gerät, so dass die gesetzlichen Auswirkungen der getroffenen Differenzierung weiter greifen, als es der die Verschiedenbehandlung legitimierende Zweck rechtfertigt, und schutzwürdige Belange der Nichtbegünstigten ohne hinreichenden sachlichen Grund vernachlässigt werden[4]. Die Grenze seines Gestaltungsspielraums überschreitet der Gesetzgeber erst dann, wenn sich kein sachlicher Grund für die getroffene Differenzierung finden lässt, der auf nachvollziehbaren Erwägungen z.B. finanzpolitischer, volkswirtschaftlicher, sozialpolitischer oder steuertechnischer Art beruht[5]. Somit ist der Gesetzgeber in seiner Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen durch eine Steuerverschonung begünstigt werden sollen, weitgehend frei, solange er die Begünstigungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also willkürlich gewährt[6]. Dabei stehen ihm sachbezogene Gesichtspunkte in sehr weitem Umfang zu Gebote. Diese Erwägungen gelten auch dann, wenn der Gesetzgeber eine Subvention steuerrechtlich durch eine Abgabenbefreiung verwirklicht, statt eine direkte finanzielle Zuwendung vorzunehmen[7].

Ausweislich der Gesetzesbegründungen wollte der Gesetzgeber mit der Aufgabe der steuerlichen Begünstigung von Beimischungen von Biokraftstoffen den mit der dynamischen Entwicklung der im Verkehr eingesetzten Biokraftstoffe verbundenen ansteigenden Steuerausfällen entgegenwirken. Ziel der Gesetzesänderung war es, insbesondere durch den weitgehenden Ersatz der Steuerbegünstigung durch eine unternehmensbezogene Quotenpflicht, d.h. durch die Einführung eines Beimischungszwangs, einen Beitrag zum Subventionsabbau und zur Konsolidierung des Bundeshaushalts zu leisten[8]. Wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 25.07.2007 1 BvR 1031/07[9] entschieden hat, verfolgte der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung, die vollständige Steuerbefreiung für Biokraftstoffe auslaufen zu lassen, legitime Gemeinwohlziele.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der Aufrechterhaltung der bis zum 31.12 2006 bestehenden umfassenden steuerlichen Förderung von Biokraftstoffen die in Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom[10] festgelegten Restriktionen zu beachten waren. Danach haben die Mitgliedstaaten die von ihnen gewährten Steuerbegünstigungen entsprechend der Entwicklung der Rohstoffpreise so zu gestalten, dass die steuerliche Förderung von Biokraftstoffen nicht zu einer -insbesondere aus beihilferechtlichen Gründen zu beanstandenden- Überkompensation führt. Der Bericht der Bundesregierung zur Steuerbegünstigung von Biokraft- und Bioheizstoffen 2007[11] weist für den Zeitraum von Januar 2006 bis Juni 2007, also auch für den streitgegenständlichen Zeitraum, sowohl beim Biodiesel- als auch beim Pflanzenöleinsatz als Reinkraftstoff eine deutliche Überkompensation bei Großanlagen auf, die je nach Anlagenart von 32, 1 bis 2, 66 Cent je Liter schwankte. Daher war auch aufgrund der beihilferechtlichen Restriktionen eine Rückführung der Steuersubvention für Biokraftstoffe geboten[12].

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte konnten die Händler von Kraftstoffmischungen nicht auf den Fortbestand der Subventionierung der von ihnen vertriebenen Erzeugnisse vertrauen[13]. Erst recht kann aus der gesetzgeberischen Entscheidung, die Subventionierung der Produktion reiner Biokraftstoffe und von Kraftstoffen mit Biokraftstoffanteilen fortzusetzen, kein Anspruch auf Aufrechterhaltung der steuerlichen Begünstigung für Kraftstoffgemische abgeleitet werden. Vielmehr liegt es in der Entscheidungskompetenz des Gesetzgebers, auf welche Art und in welchem Umfang er eine steuerliche Subvention zurückführt. Dabei kann er im Rahmen der näheren Ausgestaltung der Steuerverschonung sowohl ausschließlich an die stoffliche Beschaffenheit des zu fördernden Erzeugnisses als auch an die Umstände seiner Produktion anknüpfen. Die Beschränkung einer steuerlichen Förderung nur auf solche Erzeugnisse, die das Ergebnis eines technischen bzw. chemischen Verfahrens und nicht das Ergebnis einer bloßen Vermischung bereits fertiger Produkte sind, begegnet unter Gesichtspunkten des Gleichbehandlungsgrundsatzes keinen rechtlichen Bedenken, zumal es sich bei Händlern, die beimischungsfähige Biokraftstoffe am Markt nachfragen und erwerben, und bei Herstellern solcher Biokraftstoffe um unterschiedliche Unternehmen handelt, die nicht unmittelbar im gleichen Wettbewerb stehen.

Schließlich kann sich zur Begründung eines vermeintlichen Entlastungsanspruchs nicht auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes berufen werden, sofern das Kraftstoffgemisch erst nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.01.2007 bezogen wurde. In Anbetracht der veränderten Rechtslage war es der Bezieherin in den Monaten Mai und Juni 2007 zuzumuten, ihre unternehmerischen Entscheidungen und Dispositionen den neuen energiesteuerrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dies unmöglich gewesen sein soll, trägt die Revision nicht vor. Dabei kann sich die Bezieherin nicht darauf berufen, die Änderung der Rechtslage durch ein anderes Gesetz als das EnergieStG sei nicht erkennbar gewesen. Entscheidend ist, dass die Änderung in einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren erfolgte und dass die Änderung im Bundesgesetzblatt und in anderen Medien veröffentlicht worden ist. Im Übrigen greifen die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht durch. Die gegen das BFH, Urteil in BFHE 237, 568, ZfZ 2012, 272 erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen[14]. Auch besteht kein Anlass, dem EuGH nochmals dieselben Fragen zur Auslegung der RL 2003/30/EG und zur Anwendung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vorzulegen, über die er bereits auf Veranlassung des Hessischen Finanzgericht entschieden hat.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28. April 2014 – VII R 27/12

  1. BGBl I 2005, 2419[]
  2. BFH, Beschluss vom 27.02.2009 – VII B 186/08, BFH/NV 2009, 942[]
  3. BT-Drs. 16/2709[]
  4. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 11.02.1992 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238, 245, m.w.N.[]
  5. vgl. BVerfG, Urteil vom 10.02.1987 1 BvL 18/81 und 20/82, BVerfGE 74, 182, m.w.N.[]
  6. BVerfG, Urteil vom 20.04.2004 1 BvR 1748/99, 905/00, BVerfGE 110, 274, 293[]
  7. BVerfG, Entscheidungen in BVerfGE 110, 274, 293; und vom 07.11.1995 2 BvR 413/88 und 1300/93, BVerfGE 93, 319, 350[]
  8. BT-Drs. 16/2709, 1 und 15[]
  9. BFH/NV 2007, Beilage 4, 441[]
  10. ABl.EU Nr. L 283/51[]
  11. BT-Drs. 16/8309[]
  12. BFH, Beschluss vom 14.04.2008 – VII B 216/07, BFHE 221, 361, 364 f.[]
  13. vgl. hierzu mit ausführlicher Begründung BFH, Urteil vom 19.06.2012 – VII R 19/11, BFHE 237, 568, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern -ZfZ- 2012, 272[]
  14. BVerfG, Beschluss vom 27.01.2014 1 BvR 2141/12[]